29. Februar 2012

Im Elbsandstein wandern

Der Wechsel vom Winter zum Frühjahr ist die richtige Zeit für eine Tour durch die Sächsische Schweiz

Von Jörn Boewe, junge Welt, Reisebeilage, 29. Feb. 2012

Es ist keine schlechte Idee, über Ostern ans Mittelmeer zu flüchten, wo die Luft noch kalt, aber die Sonne schon warm ist. Doch in diesem Jahr hatte ich etwas besseres vor. Ich zog die Wanderstiefel an und stieg in den Eurocity Richtung Budapest. Man reist angenehm mit diesem Zug, er ist bequem wie ein alter Interregio, aber nicht overdesigned wie ein ICE. Nach knapp drei Stunden stieg ich in Bad Schandau aus.



Ich trug meinen Rucksack durch die Kleinstadt. Im dichten Schneetreiben kletterte ich auf den Ostrauer Berg und fand zufällig eine kleine Pension am Wegesrand. Bett, Tisch, Stuhl, Dusche, Klo, Aussicht aufs Schrammsteintor und Frühstück -- all inclusive für 25 Euro. Ich quartierte mich ein. Am nächsten Morgen machte ich mich, via Falkensteinstraße, auf den Weg ins Schrammsteingebiet. Es war ein wunderbar klarer Wintertag im März, mit Neuschnee auf den Feldern. Nach anderthalb Kilometern bog ich von der Straße ab und ging weiter auf dem Malerweg. In der Schrammsteinbaude bestellte ich Szegediner Gulasch mit Knödeln. Ich will über dieses Haus und seine Küche nichts schlechtes sagen, aber auf der anderen Seite der Grenze ißt man besser. Dann nahm ich Kurs auf die Schrammsteinaussicht, die auf 413 Metern liegt. Das ist an sich nicht sehr hoch. Allerdings klettert man teilweise senkrecht, über Eisenstiegen. Irgendwann sah ich ein Warnschild mit der Aufschrift: »Kein Abstieg!«. Ein paar Minuten später war ich oben.

Das Phantastische an diesen Aussichten ist, daß man sie sich hart erarbeiten muß. Ein Gebirge ist das hier im geologischen Sinne strenggenommen nicht, sondern ein ausgetrocknetes Flußbett bzw. Meer (man sieht es, wenn man es weiß). Aber diese Drei-, Vierhunderter haben es in sich.

Nach dem Abstieg wanderte ich steten Schrittes weiter Richtung Beuthenfall, von wo mich die Kirnitzschtalbahn zurück zum Fuße des Ostrauer Bergs brachte -- eine Straßenbahn, Baujahr 1898. Andernorts würden sie daraus einen Touristennepp machen und fünf Euro fürs Ticket verlangen. Ich hoffe, daß das jetzt keiner der smarten Referenten im sächsischen Wirtschaftsministerium liest.

In meiner Pension angekommen zog ich Stiefel und Klamotten aus, stellte mich eine halbe Stunde unter die heiße Dusche und fiel danach mit einer Flasche Tempranillo Gran Reserva und einem guten Buch ins Bett.

Am nächsten Morgen mußte ich mich schon wieder auf die Heimreise machen. Es war der erste Frühlingstag in diesem Jahr. Die Luft war lau, die Wellen glitzerten in der Sonne, als ich über die Elbe setzte. Der Eurocity aus Budapest fuhr in den Bahnhof ein.


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